Pressespiegel 2014

 

7. Januar 2014: Neuwahlen und Ehrungen

11. Februar 2014: Weltkriegssoldat Kurt Zimmer referiert über seine Erlebnisse in Italien

18. März 2014: Ein Fallschirm wird zum Hochzeitskleid

22. April 2014: Eine Kindheit in Masuren

16. Mai 2014: Eine junge Liebe in Kriegstagen

23. Juni 2014: Schwere Zeiten - Hünstetter Werner Kilb erzählt von Kriegserlebnissen

30. September 2014: Rudolf Zarda erzählt …

10. Oktober 2014: Idsteiner Reservisten erneuern Bänke

15. Oktober 2014: Erika Steinberger berichtet …

4. Dezember 2014: Heinz Koch berichtet bei den Idsteiner Reservisten über seine Kriegserlebnisse

 

 

werbul1d Idsteiner Zeitung, 7. Januar 2014

 

Neuwahlen und Ehrungen

Auf der Jahreshauptversammlung der Reservistenkameradschaft Idstein wurden Unteroffizier d.R. Sven Abschinski und Leutnant der Reserve (d.R.) Ingo Dombek als stellvertretende Vorsitzende in den Vorstand nachgewählt. Außerdem wurden verdiente Mitglieder für langjährige Mitgliedschaft geehrt: Eva Abschinski und Tatjana Paul sind seit zehn Jahren als fördernde Mitglieder im Reservistenverband, Major d.R. Jörg Fried wurde für 20 Jahre Mitgliedschaft geehrt, Fahnenjunker d.R. Robert Duy ist seit 25 Jahren Mitglied und Leutnant d.R. Ingo Dombek sowie Oberleutnant d.R. Heinz Raeder durften gar eine Urkunde zur 30-jährigen Mitgliedschaft aus den Händen des Vorsitzenden der Reservistenkameradschaft Feldwebel d.R. Andreas Heidler entgegennehmen.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 11. Februar 2014

 

Mit Malaria im Krieg

Die Zeitzeugenabende der Idsteiner Reservisten starteten ins Jahr 2014 so, wie sie 2013 geendet hatten: mit einem Vortrag des 89-jährigen Kurt Zimmer. Dieses Mal setzte er da an, wo er im letzten Jahr geendet hatte: im Süden Frankreichs des Jahres 1943.

Von Südfrankreich ging es Ende März 1943 mit dem Zug Richtung Italien. Die Fahrt dauerte einige Tage. „Wir konnten uns nicht waschen oder die Kleidung wechseln. Da kam uns ein Zwischenstopp an einem Flüsschen gerade recht.“ So stürzten sich an die 100 junge deutsche Soldaten in den Fluss, um zu baden. „Am Gegenufer waren drei junge Italienerinnen gerade mit ihrer Wäsche beschäftigt – als wir halbnackt in den Fluß stürzten, waren sie aber ganz schnell verschwunden.“ Am Vesuv vorbei ging die Reise bis nach Villa San Giovanni, wo die Truppe nach Messina auf Sizilien übersetzte.

Schlimmer Anblick

Der Fuß des schneebedeckten Ätna war das Ziel. „Hier begegnete uns zum ersten Mal der Krieg. Im Landesinnern an einem getarnten deutschen Felddepotplatz hielten wir eine Weile, und hier sah ich einen im Gesicht schwer brandgezeichneten deutschen Piloten. Da schlug auf einmal das Herz schneller, und wir wurden alle stiller und nachdenklicher.“

In Misterbianco bei Catania wurde Quartier bezogen. Nach und nach wurden Funktrupps gebildet und einzeln in die ländliche Nähe kleiner Orte verlegt. Im Juni 1943 erhielt Zimmers Einheit ein Funkfahrzeug, auf dem er ab sofort eingesetzt wurde – ein erbeuteter amerikanischer Dodge. Vor ihm lag sein erster Nachteinsatz als Wache am Funktrupp. „Ich hatte richtig Angst! In dieser Nacht passierte noch nichts, jedoch der nächste Tag brachte böse Überraschungen. Um den Bogen der Bucht sah ich sechs Flugabwehr-Stellungen, zu denen ich schnellstens Kontakt aufnehmen wollte. Aber als ich hinkam, traf mich fast der Schlag, denn die Stellung war leer, unbesetzt, alle Verschlüsse an den Kanonen waren unbrauchbar, die italienische Besatzung war ohne all ihre persönliche Habe desertiert.“ Doch es kam noch schlimmer, hinter der Bucht von Augusta in der offenen See lagen drei englische Kreuzer auf Reede, die dabei waren, ungestört ihre Landungsboote mit Panzern und allerlei anderem Kriegsgerät zu beladen. „Man muss mich wohl bemerkt haben, denn wenig später setzte deren Artillerie Störfeuer zur leeren Geschützstellung ein, und ich gab schleunigst Fersengeld! Es gab keine deutsche Abwehr, das bedeutete nichts Gutes. Uns wurde sofortiger Stellungswechsel in Richtung Catania befohlen.“

Dann erkrankte Kurt Zimmer. Er bekam über 41 Grad hohes Fieber. Im Lazarett in Catania dann die Diagnose: ein starker Malariaanfall. Über verschiedene Lazarette ging es zurück in die Heimat bis nach Weiden in der Oberpfalz. Nach drei Wochen wurde Zimmer diensttauglich geschrieben und erst nach Karlsbad, dann nach Amersfort in den Niederlanden verlegt. An den Nachwirkungen der Malaria leidet Kurt Zimmer übrigens noch heute.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 18. März 2014

 

Ein Fallschirm wird zum Hochzeitskleid

Kurt Zimmer berichtet von seinem Kriegseinsatz im Jahr 1944

Ernste und lustige Schilderungen wechselten sich beim Zeitzeugenbericht von Kurt Zimmer bei den Idsteiner Reservisten ab. Ende 1944 war er als Mitglied der Besatzungstruppe in Holland stationiert – einquartiert bei einer einheimischen Großfamilie. „Ich war damals knapp 20. Man sah mich dort nicht als deutschen Soldaten an, sondern als weiteren Sohn in der Familie.“ Seine Verpflegung musste sich Kurt Zimmer jedoch selbst bei seiner wenige Kilometer entfernten Dienststelle besorgen – per Fahrrad.

Freundschaftliche Bande

Dabei ging es über viele kleine Wasserverbindungen, die das Land durchschnitten. Die festen Stege waren von der Bevölkerung zerstört und durch stabile Dielen ersetzt worden, die man notfalls entfernen und somit den Weg sperren konnte. „Eines Tages nun war ich mit einem Kameraden unterwegs zum Verpflegungsempfang. Ich ermahnte ihn, dass wir immer nur einzeln über die Stege gehen sollten, da ich nicht wusste, was sie aushielten.“ Leider hielt sich sein Kamerad nicht daran. „Es krachte, und wir landeten beide im eiskalten Wasser.“ In seiner Einquartierungsfamilie packte ihn seine „Mutter“ sofort in ein warmes Bottichbad. Nach dem Krieg besuchte Zimmer „seine“ Familie und wurde herzlich aufgenommen. Dabei erfuhr er auch, dass seinerzeit einer der Söhne den Steg angesägt hatte. „Wir konnten nachträglich alle sehr darüber lachen.“

Wie dicht Freud und Leid beieinanderliegen, konnten die zahlreichen Zuhörer bei der weiteren Erzählung förmlich spüren. Ende 1944 wollte Kurt Zimmer heiraten. Er bekam Heimaturlaub. Allein die Heimreise war schon ein Abenteuer. Und dann wäre die Hochzeit fast an bürokratischen Hürden gescheitert. „Ich war im Meldeamt nirgends registriert. Einen Kurt Zimmer gab es nicht. Nur einen Adolf Zimmer – als solcher wurde ich nach meiner Geburt versehentlich eingetragen.“ Schließlich konnte doch geheiratet werden. Das Hochzeitskleid wurde übrigens aus einem alten Fallschirm geschneidert. Die Hochzeit selbst kam einer Katastrophe gleich. Die Familie war zerstreut, nur zwei Gäste waren in der ungeheizten Kirche kurz vor Weihnachten 1944 in Opladen dabei.

Als es dann für Kurt Zimmer wieder zurück nach Holland gehen sollte, geschah das nächste Unglück. In der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember 1944 ging der schwerste Bombenangriff auf Opladen nieder. Die Familie wohnte in der Nähe eines Ausbesserungswerkes, das Ziel dieses Angriffs war. Um halb sieben morgens ertönten die Sirenen. Nur mit Hose und Jacke bekleidet, erreichte Kurt Zimmer mit Frau und Mutter den Bunker. Dann ging der Angriff auch schon los.

Eine der ersten Bomben muss das Wohnhaus der Familie getroffen haben. Als sie den Bunker verließen, war vom Haus nichts mehr zu sehen. Irgendwo in einem Baum hing noch das Hochzeitskleid und wehte im Wind.

Schließlich ging es dann für Kurt Zimmer wieder zurück zur Truppe. „Dort musste ich mich noch rechtfertigen, weshalb ich meine Erkennungsmarke vor dem Bombenangriff abgelegt hatte und sie so verloren ging. Aber wer trägt als frisch verheirateter Mann nachts im Bett schon seine Erkennungsmarke?“, so Kurt Zimmer schmunzelnd.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 22. April 2014


Eine Kindheit in Masuren

Edelgund Derscheid erzählt beim Zeitzeugen-Abend

 „Meine Kindheit in Masuren war wundervoll“, begann Edelgund Derscheid ihren Bericht im Rahmen der „Idsteiner Zeitzeugenabende“. Mit 79 Jahren – Jahrgang 1934 – war sie der bislang jüngste Gast der von der Reservistenkameradschaft Idstein seit April 2011 initiierten Reihe.

Ihr 1906 geborener Vater war als Zeitsoldat beim Reichsheer verpflichtet. „Wir lebten damals in der Kaserne. Das war ganz normal. So war auch für mich der Umgang mit Soldaten ganz normal. Ich fand es spannend, den Soldaten beim Exerzieren zuzuschauen“. 1938 wurde ihr Vater entlassen und als Zollbeamter in ein neues Zollgehöft nach Schützengrund im Kreis Ortelsberg berufen. Heute liegen diese Orte in Polen.

Das Gehöft lag etwa eineinhalb Kilometer von der Schule entfernt, in der Edelgund Derscheid 1940 eingeschult wurde. Da zeigten sich schon die Spuren des Krieges. „Die Schultüte war zu Zweidrittel mit Holzwolle ausgestopft, nur der Rest war mit Süßigkeiten gefüllt. Woher meine Mutter diese dann noch ergattert hatte, weiß ich bis heute nicht.“ Sie bekam den typischen Tornister mit Schiefertafel und besuchte die einklassige Dorfschule. „Als später im Krieg die Evakuierten aus Berlin zu uns kamen, waren wir bis zu 60 Kinder in der Klasse.“

Als der Krieg weiter fortschritt, wurde oft Unterricht auch von „Arbeitsmaiden“ gehalten, jungen Mädchen, die nach dem Abitur ihren Arbeitsdienst leisten mussten. Der Unterricht begann morgens mit Volksliedern, der Lehrer begleitete auf seiner Geige. Dann folgte ein Gebet für den „Führer“.

Beschwerlicher Schulweg

Der Weg zur Schule war besonders in den harten masurischen Wintern beschwerlich. Wenn der Schneepflug noch nicht durch war, musste man sich durch den hohen Schnee quälen. „Das war keine Entschuldigung für Zuspätkommen.“ Im weiteren Kriegsverlauf wurde die Familie in ein kleines Dorf nahe Stettin evakuiert. Hier fand auch die Taufe des Bruders statt. Dazu bekam der Vater extra Fronturlaub. Mit einer von einem Bauern geliehenen Kutsche ging es zur sieben Kilometer entfernten Kirche.

Durch den Krieg fehlten im Dorf die Männer. Diese wurden durch polnische Fremdarbeiter ersetzt. Es war Vorschrift, dass diese nicht bei den deutschen Familien am Tisch sitzen durften. Aber die Mutter bediente sich eines Tricks. Sie stellte die Nähmaschine an den Tisch und deckte dort für den Fremdarbeiter ein. Somit saß er nicht mit am Tisch.

1944 wurde Edelgund Derscheid zur Jungmädelschar bestellt. Uniformen gab es schon nicht mehr, sie trug eine sogenannte „Berchtesgadener Wolljacke“, einen blauen Rock mit weißer Bluse und Halstuch.

Als sich das Kriegsende näherte, begann die Evakuierung nach Westen. In dieser Zeit fielen nahe des Dorfes drei Bomben, die riesige Krater rissen. Die Schüler marschierten singend dort hin, um sich das alles aus der Nähe zu betrachten. Schließlich ging es doch weg nach Westen. Mit einem Zug fuhr die Familie bis nach Lübeck. Hier in einer Dorfscheune endete 1945 zuerst einmal die Evakuierung und auch der Zweite Weltkrieg für Edelgund Derscheid.

Ihren lebhaften Vortrag an diesem Abend untermalte sie mit Fotos und allerlei Andenken – unter anderem ihrer Kinderpuppe, die sie aus dem Krieg retten konnte.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 16. Mai 2014

 

Eine junge Liebe in Kriegstagen

Von ihrem bewegten Leben erzählte Irmentraut Velten, die 1927 in Rosenhain im Sudetenland zur Welt kam, beim jüngsten Zeitzeugen-Abend der Reservistenkameradschaft.

Die Gegend nahe der Grenze zum Deutschen Reich war industriell erschlossen und recht wohlhabend. So war es üblich, dass tschechische Mädchen aus südlicheren Landesteilen während der Schulzeit als Austauschschülerinnen in den Norden kamen – so auch in die Familie von Irmentraut Velten. „Allerdings gab es immer wieder Schwierigkeiten mit diesen Mädchen. In Briefen nach Hause beschwerten sie sich über uns Deutsche und machten alles schlecht. Ein Mädchen wäre fast von den Eltern abgeholt worden, wenn mein Vater nicht geschlichtet hätte.“

1938 kam der „Anschluss“ des Sudetenlandes an das Deutsche Reich. „Wir Mädchen kamen sofort zum BDM – dem Bund Deutscher Mädel. Ich war damals elf Jahre alt und genoss die Zeit im BDM sehr. Dass wir ideologisch beeinflusst wurden, war uns ja nicht bewusst. Wir sahen nur das Gesellige.“

Als der Krieg begann, wurden die BDM-Mädchen aufgefordert, Soldaten an der Front Briefe zu schreiben. „Das sollte die Kampfmoral heben. Es sollte zeigen: Die Heimat denkt an Euch. Mir war das aber zu dumm.“ Einer Freundin sagte Irmentraut Velten: „Dafür ist mir das Briefpapier zu schade.“

Unerwartete Post

Und doch kam eines Tages ein Brief von einem Soldaten – ohne dass sie geschrieben hatte. Aber die Lösung war einfach: Ein Vetter hatte ihre Adresse an einen Kameraden weitergegeben, der gerne auch einem Mädchen schreiben wollte – und dieser Kamerad mit Namen Wilhelm Velten schrieb nun. „Ich hatte gar kein Interesse, zu antworten. Das sagte ich auch einer Schulkameradin. Diese meinte dann: Gib‘ mir die Adresse, dann schreibe ich. Aber dann dachte ich mir: Nein, dass gönn‘ ich ihr nicht – da schreibe ich lieber selbst.“

Der Weg nach Westen

Dass sich daraus eine inzwischen 60 Jahre währende Ehe entwickelt, hätten beide nicht gedacht. „Wir schrieben uns, schickten Fotos – und anständig, wie ich mit 16 war, zeigte ich auch alle Briefe meinen Eltern.“ Erst 1945 – genau am 4. April – lernten beide sich persönlich kennen. Auf dem Weg zu seiner Einheit kam Wilhelm Velten nach Rosenhain. „Als er ins Haus kam, erkannte ich ihn erst nicht, aber mein Vater rief: Das ist doch dein Wilhelm!“

Wilhelm Velten versuchte, die Familie von Irmentraut dazu zu bewegen, vor den anrückenden Russen zu flüchten. „Mein Vater weigerte sich – er glaube noch immer an den Endsieg.“ Doch kurz vor dem Einmarsch der Russen floh die Familie in den Wald und versteckte sich. „Das war unser und mein Glück – die Russen zogen plündernd und vergewaltigend durch das Dorf. Als wir dann zurückkehrten, waren die Russen wieder weg.“

Dann ging es westwärts, über viele Stationen bis nach Erfurt. „Thüringen war noch von den Amerikanern besetzt. Zwei Wochen später erfolgte der Tausch gegen Westberlin, und wir waren in der sowjetischen Zone.“ Wilhelm Velten musste inzwischen die Familien wieder verlassen und schlug sich bis nach Hochheim in seine Heimat durch. Irmentraut Velten bekam eine Arbeit bei der „Olympia Schreibmaschinen-Fabrik“. Erst 1950 wurde ihr die Ausreise nach Frankfurt am Main gestattet – durch Fürsprache eines Vorgesetzten.

Doch zurück kehrte Irmentraut Velten nicht. 1953 heiratete sie ihren Wilhelm, der selbst schon dreimal Gast beim Idsteiner Zeitzeugenabend war und seine Kriegserlebnisse geschildert hat.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 23. Juni 2014

Schwere Zeiten

Hünstetter Werner Kilb erzählt von Kriegserlebnissen

Mitten im vierten Kriegsjahr 1943 kam der gebürtige Limbacher Werner Kilb als 16-Jähriger für sechs Wochen ins Wehrertüchtigungslager ins belgische Spa, berichtet er bei der jüngsten Veranstaltung der Idsteiner Reservisten. „Hier waren wir als Hochposten an der Bahnstrecke eingesetzt. Die ganze Nacht mussten wir auf verdächtige Geräusche achten, die von Saboteuren stammen konnten.“ Am 27. Juni 1944 erfolgte seine Einberufung zur Wehrmacht. In Idstein versuchte in dieser Zeit die SS, junge Männer mit Filmvorführungen zu werben. Aber Kilb lies sich trotz verlockender Angebote mit Geld und guten Posten nicht ködern.

Nach Ausbildung und Lehrgängen erlebte Kilb seine Feuertaufe in einer der letzten großen Schlachten des Zweiten Weltkriegs – der Ardennenoffensive im Dezember 1944. „Ich war hier mit meinen Kameraden als vorgeschobener Beobachter eingesetzt. Wir waren ja alle völlig unerfahren. Von 180 überlebten die Ardennenschlacht nur fünf.“

Als sich dann das Ende des Krieges abzeichnete, setzte er sich mit seinen Kameraden über die Elbe nach Westen ab. Sie gerieten am 22. April 1945 in amerikanische Gefangenschaft. „Bis zum offiziellen Kriegsende am 8. Mai lagerten wir auf offenem Gelände. Dann wurden wir in einen Zug gestopft und nach Rüsselsheim gebracht. Unter den Amerikanern herrschte ausgelassene Stimmung, sie feierten ihren Sieg.“

Von hier ging es in eins der berüchtigten Rheinwiesenlager nach Bretzenheim, das sogenannte „Feld des Jammers“. Ursprünglich für 45 000 Gefangene vorgesehen, waren hier letztendlich über 100 000 Menschen untergebracht, als das Lager im Juni 1945 aufgelöst wurde. Bei seiner Entlassung wog Kilb nur noch 45 Kilo.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 30. September 2014

 

Rudolf Zarda berichtet

Eigentlich wollte Rudolf Zarda – geboren am 6. Januar 1925 im damals tschechoslowakischen Teplitz-Schönau (Teplice) – Koch oder Konditor werden. Doch sein damaliger Lehrer sagte: „Du musst zur Handelsschule.“ Mit 18 ging es pflichtgemäß zum Reichsarbeitsdienst (RAD) nach Brünn. Nur kurz dauerte die Zeit dort, dann ging es nach Prag. „Einige von uns hielt es abends nicht in der Unterkunft. Sie nutzten einen nächtlichen Ausflug für einen Bordellbesuch“, berichtete Zarda beim Zeitzeugengespräch mit den Idsteiner Reservisten – und fügte mit einem Schmunzeln hinzu: „Neben dem Geld für diesen Besuch bezahlten sie nach Ihrer Rückkehr auch noch mit drei Tagen verschärftem Arrest.“

Gefecht verschlafen

Ende August 1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Offizier wurde er nicht – „wegen Interesselosigkeit im Dienst wurde ich nicht als Offiziersbewerber zugelassen“. Mit seiner Einheit – einer bespannten Artillerie – ging es nach Polen. „Mein erstes Gefecht dort habe ich regelrecht verschlafen. Ich wachte auf, als alles vorbei war.“ Von der Weichsel ging es zum Dukla-Pass, wo Ende 1944 harte Gefechte zwischen Deutschen und Russen stattfanden. Hier wurde Zarda schwer verwundet. „Ende April 1945 kam dann die Nachricht, dass Hitler im Kampf gefallen sei.“ Am 8. Mai um Mitternacht war der Krieg für Rudolf Zarda zu Ende. „Dann durften wir gehen, wohin wir wollten. Ich entfernte den Adler von meiner Uniform und machte mich auf den Weg nach Hause.“ Unterwegs wurde Zarda von Russen in einem amerikanischen Militärfahrzeug mitgenommen bis nach Teplitz und erreichte sein Elternhaus. Sein Vater, im Krieg Luftschutzwart und für eine Fabrik in Tepliz zuständig, nahm auch nach Kriegende seine Aufgabe wahr und schaute dort täglich nach dem Rechten. Als die Russen seinen Vater an der Fabrik sahen, erschossen sie ihn ohne Vorwarnung. „So unterschiedlich sind die Menschen: Die einen Russen nahmen mich im Auto mit, die anderen erschossen meinen Vater.“ Dann wurde Zarda zur Zwangsarbeit eingesetzt. Zuerst als Bergarbeiter, dann als Lokführer. Im Juli 1946 wurde er mit seiner Familie nach Apolda „evakuiert“, auch die bettlägerige 86-jährige Großmutter musste mit. Sie überlebte die Reise nicht. Nach seinem Abitur 1948, einem Studium in Jena, Leipzig und Berlin und einer Tätigkeit bei Mitropa in Ostberlin durfte Rudolf Zarda 1957 in den Westen ausreisen. Hier setzte er seine berufliche Karriere erfolgreich bis zum Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand fort.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 10. Oktober 2014

 

Idsteiner Reservisten erneuern Bänke

Seit nunmehr 15 Jahren pflegt die Reservistenkameradschaft Idstein die Gedenkstätte „Kriegsgräberstätte Idstein“ auf dem Idsteiner Friedhof. Jeweils im Frühjahr und im Herbst steht ein Arbeitseinsatz an. Dabei werden die Grabplatten gereinigt, Moos und Unkraut von Hand entfernt sowie kleinere Ausbesserungsarbeiten an der Umfassungsmauer ausgeführt. Zusätzlich stand in diesem Jahr die Erneuerung der beiden Bänke auf dem Gräberfeld an.

Die Holzauflagen waren über die Jahre durch die Witterungseinflüsse marode geworden und mussten ersetzt werden. Im Rahmen des Herbst-Einsatzes konnten die neuen Bänke nun montiert werden, für die die Stadt Idstein das Material zur Verfügung stellte.

Die nächste öffentliche Führung über die Gedenkstätte im Rahmen der Stadtführungen findet am 26. Oktober um 14.30 Uhr statt.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 15. Oktober 2014

 

Erika Steinberger berichtet …

Bereits vor gut zwei Jahren war Erika Steinberger zu Gast bei den Idsteiner Zeitzeugenabenden, zu denen die Reservistenkameradschaft Idstein seit 2011 in unregelmäßigen Abständen einlädt. Damals berichtete Sie über Ihr Leben von Kindesbeinen an bis hin zur schweren Nachkriegszeit in Wiesbaden. Diesmal ging die 88-jährige gebürtige Frankfurterin mehr und intensiver auf die Zeit des Nationalsozialismus ein.

Spielen verboten

Die Auswirkungen spürte sie schon sehr früh mit neun Jahren, als ihr verboten wurde, mit den jüdischen Nachbarskindern zu spielen. Seinerzeit lebte Erika Steinberger bei ihrer Tante, die in Battenberg an der Eder Lehrerin war. Diese wurde von einem Kollegen beim Direktor angeschwärzt.

„Der Direktor mochte aber meine Tante und hat sie informiert.“ Wenn in der Schule gebetet wurde, mussten die jüdischen Kinder den Unterrichtsraum verlassen. Erika Steinberger erinnert sich noch an die Worte ihres Lehrers: „So ihr Judenkinder, jetzt verlasst Ihr mal den Raum.“ Nach dem Gebet durften die Kinder wieder in das Klassenzimmer zurückkommen.

Seinerzeit gab es viele jüdische Mitbürger in Battenberg – sie betrieben drei kleine Textilgeschäfte oder arbeiteten als sogenannte „Viehjuden“, also als Viehhändler. „Von einigen weiß ich, dass ihnen die Ausreise in die USA gelang, von anderen verlor sich jede Spur.“ In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre kehrte Erika Steinberger zurück zu ihrer Familie nach Frankfurt. „Auch dort hatten wir Juden im Bekanntenkreis. Besonders erinnere ich mich an die Familie List. Der Vater war Jude, die Mutter Christin. Der Sohn galt damals als sogenannter Halbjude. Jedes Jahr um die Weihnachtszeit haben sich unsere Familien zum Musizieren und zu einem gemeinsamen Festessen getroffen. Es war eine wundervolle Zeit.“

Dann kam die Zeit, als die Frankfurter Juden ihre Wohnungen verlassen mussten. „Die Familie musste ins Ostend ziehen. Wir wohnten damals in Höchst, wo viele Akademiker lebten, die in den Farbwerken arbeiteten. Darunter waren auch sehr viele Juden. Nach und nach verschwanden sie aus der Nachbarschaft.“

Der Sohn der Familie List war Luftwaffenoffizier. Als 1942 dann auch die sogenannten „Halbjuden“ nicht mehr in der Wehrmacht dienen durften, wurde er unehrenhaft entlassen. Der Familie gelang damals die Flucht über die „grüne Grenze“ in die Schweiz. Erika Steinberger machte Anfang 1944 ihr Abitur und wurde dann sofort dienstverpflichtet. Sie arbeitete in der sogenannten „Frauenmilchsammelstelle“.

„Dort lieferten Mütter Muttermilch ab, die sie für ihre eigenen Kinder nicht benötigten, und erhielten dafür zusätzliche Lebensmittelkarten. Diese Muttermilch wurde dann an andere Mütter abgegeben. Meist waren es die Frankfurter Parteibonzen, die dies in Anspruch nehmen konnten.“

Weg ins Ungewisse

Dann näherte sich das Kriegsende. Frankfurt wurde immer heftiger angegriffen und bombardiert. „Eines Tages traf ich im Bunker auf einen Soldaten, der von der Front zurückgekehrt war. Er wollte seine Familie besuchen – aber er fand nichts mehr. Das Haus war nur noch ein Schutthaufen, von der Familie fehlte jede Spur.“ Im März 1945 marschierten Amerikaner in die Stadt ein. „Mit Lautsprechern wurden wir aufgefordert, binnen zwei Stunden unsere Häuser zu räumen. Wohin wir sollten, sagte man uns nicht.“ Die Familie kam bei Verwandten unter.

Damit endete der Vortrag von Erika Steinberger, dem die große Zahl an Zuhörern gebannt folgte.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 4. Dezember 2014

 

Heinz Koch berichtet bei den Idsteiner Reservisten über seine Kriegserlebnisse

Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Raum beim vergangenen Idsteiner Zeitzeugenabend. Zu Gast war Karl Heinz Koch, der gebürtig aus Eilenburg (Sachsen) stammt und heute in Heftrich lebt. Der 84-Jährige wurde als Sohn eines Schlossermeisters geboren und verbrachte die Zeit bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Eilenburg.

Mit zehn Jahren wurde Koch Mitglied im Deutschen Jungvolk. Dadurch habe er einen Vorteil gehabt: Er sei von den Manövern befreit gewesen, die das Jungvolk regelmäßig durchführte. Mit 14 kam er dann zur Hitler-Jugend. Das war 1944, als der Krieg schon mehr und mehr seinem Ende zuging. Bei der Hitler-Jugend kam er zur Motorrad-Abteilung. „Wir hatten aber nur noch ein Motorrad. Das haben wir ständig zerlegt und zusammengesetzt. Gefahren sind wir damit kaum.“

Ein Arm und ein Auge

Gegen Kriegsende wurde er dann mit vielen anderen für den Volkssturm ausgebildet – das „letzte Aufgebot“. „Eines Tages kam ein SS-Offizier in die Stadt. Ich erinnere mich genau, er hatte nur noch einen Arm und ein Auge. Und er bildete uns dann aus.“ Eineinhalb Wochen wurde er geschult – an Karabiner, Panzerfaust und Handgranate. „Uns sagte der Offizier: ‚Wenn Ihr dann später unterwegs seid, dann packt die Panzerfaust an den Fahrradlenker und den Karabiner auf den Rücken.’ So sollten wir dann dem Feind entgegenrücken.“

Die Älteren – meist die Gymnasiasten – wurden zu Flakhelfern ausgebildet. Sie waren am Bahnhof eingesetzt, wo die Geschütze auf Waggons montiert waren.

Angriff auf Eilenburg

„Eines Tages haben feindliche Jagdbomber den Bahnhof kurz und klein geschossen.“ Dann kam der große Angriff auf Eilenburg. Am 17. April 1945 wurde in Eilenburg Panzeralarm gegeben.

Drei Tage und drei Nächte lag die Stadt unter schwerem Artillerie-Beschuss, bei dem 90 Prozent des Stadtzentrums zerstört wurden. Von der Ostseite der Mulde schossen die Russen, aus dem Westen griffen die Amerikaner an. Die Verluste unter der Bevölkerung hielten sich aber in Grenzen, da es genügend bombensichere Unterkünfte gab.

Nach dem Angriff war Eilenburg eine geteilte Stadt. Im Osten waren die Russen als Besatzer, im Westen die Amerikaner. Im Frühjahr 1946 fuhr Karl Heinz Koch mit einem Freund über die „grüne Grenze“ nach Hamburg. Hier tauschten sie Alkohol gegen Heringe ein. Bei einer weiteren Fahrt nach Hamburg erfuhr er, dass die Briten nach zivilen Hilfskräften suchten und gut bezahlten. Er bewarb sich und wurde genommen. Die Briten beschäftigten Karl Heinz Koch in Travemünde. Zuerst war er als Küchenhelfer tätig, später als Telefonposten. Irgendwann besuchte er seine Cousine in Heftrich. „Dort lernte ich auch meine Frau kennen“, so Koch. Und so fand der gebürtige Sachse in Hessen sein neues Zuhause.

Der nächste Zeitzeugenabend findet am Donnerstag, 29. Januar, in der Gaststätte „Ziegelhütte“ statt.

 

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