Pressespiegel 2013

 

5. März 2013: Soldaten gehörten zum Stadtbild

23. April 2013: „Arbeit für den Frieden“

2. Mai 2013: Von der Marine in den Schützengraben

11. Juni 2013: Aus einem geheimen Tagebuch

19. Juli 2013: „Die Verpflegung war katastrophal“

22. November 2013: Reservisten pflegen deutschen Soldatenfriedhof in den Ardennen

7.Dezember 2013: Als Funker in den Kriegswirren

 

 

werbul1d Idsteiner Zeitung, 5. März 2013

 

Soldaten gehörten zum Stadtbild

ZEITZEUGEN Elisabeth Roos berichtet von ihren Kriegserlebnissen in Idstein

Erstmals hatte die Reservistenkameradschaft Idstein eine Idsteinerin zu Gast, die von den Kriegszeiten in der Stadt berichten konnte. Elisabeth Roos, Jahrgang 1930, erzählte von ihren Erlebnissen in der Nachbarschaft des Lazarettes im Kalmenhof. „Noch bevor der Kalmenhof Lazarett war, spürten wir hier in Idstein den Krieg. So wurde im November 1939 eine Artillerie-Einheit aus Süddeutschland einquartiert und im Frühjahr 1940 von hier beim Westfeldzug eingesetzt. Jeder in Idstein hatte Einquartierungen.“

So begann der Bericht von Elisabeth Roos. „Dann kam das Lazarett.“ Auf den Dächern des Kalmenhofes wurden große Tücher mit roten Kreuzen festgemacht. Angeliefert wurden die Verletzten per Bahn an den Bahnhof.

Die Soldaten gehören zum Idsteiner Stadtbild. Wer laufen konnte, ging in die Stadt. Sie besuchten das Kino und gingen in die Gaststätten. „Unsere Familie hatte niemanden im Krieg. So kümmerte sich meine Mutter um die Soldaten im Lazarett.“ Sie besuchte die Soldaten und lud immer wieder jemanden zu sich nach Hause ein – „um ihnen ein wenig Heimat zu geben“, so Elisabeth Roos. „Und sie waren so dankbar dafür.“

Als die Schlacht um Stalingrad tobte, kamen besonders viele Schwerverletzte. Viele hatten Erfrierungen und mussten amputiert werden. Die Bevölkerung kümmerte sich sehr um die Verwundeten. Die NS-Frauenschaft organisierte Kuchen von den Dörfern und die Schüler übten Theaterstücke ein, die sie im Kalmenhof aufführten. Dann kamen das Kriegsende und damit auch die Front immer näher. Aus anderen Lazaretten wurden Verwundete und Lazarettpersonal nach Idstein gebracht. „Es wurde immer mehr Platz gebraucht. Zuerst kam die Mittelschule dazu, wir hatten dann Unterricht in der Bauschule. Und dann wurde auch die Bauschule gebraucht, so dass für uns der Unterricht ganz ausfiel.“ Sogar im Waschhaus im Kalmenhof wurden Betten aufgestellt. Schließlich kamen die Amerikaner. Zwar wurde in Idstein selbst nicht gekämpft, „aber beim Rückzug nach Niederseelbach und Heftrich gab es schwere Kämpfe und auch viele Tote“. Nach dem Einmarsch der Amerikaner blieb das Lazarett noch in Betrieb.

Lazarett aufgelöst

„Der Apotheker ging jeden Tag vom Kalmenhof mit Medikamenten zum Schloss und wurde von den Amerikanern bewacht.“ Dann kamen die deutschen Gefangenen aus Amerika zurück. Auch sie kamen mit der Bahn an und liefen dann in die Stadt zum Lazarett. „Man hat sie sofort erkannt. Die trugen einen blauen Schlafanzug, einen Morgenmantel, Pantoffeln und einen Seesack.“ Schließlich wurde das Lazarett dann aufgelöst. Alle wurden nach Hause entlassen. „Aber viele hatten gar kein Zuhause mehr. Viele kamen aus den Ostgebieten, die nun von den Russen besetzt waren und wohin sie nicht zurück konnten.

Und ihre Familien waren geflohen. Die mussten sehen, wie sie zurecht kamen.“ Zu vielen ehemaligen Lazarett-Insassen gab es noch lange nach dem Krieg Kontakt.

Elisabeth Roos hatte an diesem Abend ihr „Soldaten-Buch“ dabei, in dem sich jeder Soldat verewigt hat, der im Haus Roos zu Gast war. Viele Dinge abseits vom Lazarett wusste Elisabeth Roos zu berichten. So von den Fremdarbeitern, die in der Bauschule untergebracht waren, den Tiefflieger-Angriffen im Herbst 1944 auf die Bauern auf den Feldern oder von der Vereidigung des Volkssturms im Tiergarten. „Viele Idsteiner wurden zum Westwall abkommandiert“.

Schon am 14. März wird der nächste Zeitzeugen-Abend stattfinden. Zu Gast wird erneut eine Frau sein: Maria Fender, Jahrgang 1927 und gebürtig aus Kunersdorf, erzählt von den Kriegs- und vor allem den Nachkriegszeiten verbunden mit dem Einmarsch der Roten Armee.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 23. April 2013

 

Arbeit für den Frieden

 

RESERVISTENKAMERADSCHAFT Seit 15 Jahren werden die Gräber gepflegt

„Das ist unsere Art der Arbeit für den Frieden“, sagt Jörg Fried. Vor 15 Jahren übernahm die Reservistenkameradschaft Idstein die Aufgabe, zweimal jährlich die Kriegsgräberstätte auf dem Idsteiner Friedhof zu pflegen.

„Einmal im Frühjahr und einmal im Herbst rücken wir mit Hacke, Rechen, Eimer und Drahtbürste an und putzen hier“. Fünf bis sechs Kameraden sind dann immer einen Vormittag auf dem Friedhof tätig und befreien die Grabplatten von Moos, Unkraut und Dreck. Sie kommen bei Wind und Wetter – nur im vergangenen Jahr musste der Frühjahrseinsatz wegen Schneetreibens ausfallen.

Am Samstag fand nun der diesjährige Frühjahrseinsatz statt – bei gutem Wetter und angenehmen Temperaturen unterstützt von Kameraden der Reservistenkameradschaft Montabaur. Es fällt auf, wenn dort Soldaten in Uniform oder fördernde Mitglieder in Zivil arbeiten. „Leute bleiben stehen und schauen, kommen mit uns ins Gespräch“, so Fried, der diese Einsät ze vor 15 Jahren ins Leben rief und seit damals leitet. „Die Menschen, die hier begraben sind, dürfen nicht vergessen werden. Sie mahnen uns dazu, Frieden zu bewahren.“

Letztlich waren es auch diese Einsätze die Jörg Fried dazu brachten, sich näher mit den Toten der Idsteiner Kriegsgräberstätte zu befassen. Seit 2009 recherchiert er intensiv und versucht, den Toten ein Gesicht zu geben. „V on 234 Toten kennen wir die Namen, zu den Angehörigen von 33 von ihnen habe ich zwischenzeitlich Kontakt.“

Die umfangreichen Ergebnisse seiner Forschungen hat Jörg Fried auf einer eigenen Internetseite zusammengetragen. Unter www.kriegsgraeberstaette-idstein.de findet man alle Namen, Daten und viele Hintergrundinformationen.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 2. Mai 2013

 

Von der Marine in den Schützengraben

 

ZEITZEUGEN Karl-Heinz Zimmermann aus Oberbrechen berichtet von seinen Kriegserlebnissen

Mit Karl-Heinz Zimmermann – Jahrgang 1926, gebürtig aus Oberbrechen und jetzt wohnhaft in Orlen – hatten die Idsteiner Reservisten bei ihren Zeitzeugenabenden erstmals einen Angehörigen der Marine zu Gast – „auch wenn die Zeit auf hoher See nur kurz war“, so Zimmermann. Begonnen hat der Krieg für ihn schon mit 17 Jahren. Im Sommer 1943 wurden alle Schüler seines Jahrgangs abgeholt und nach Sindlingen gebracht, wo sie als Luftwaffenhelfer Dienst tun mussten. Mit 18 leistete er seinen Dienst beim Reicharbeitsdienst (RAD) in der Steiermark ab. Nach dem RAD meldete sich Karl-Heinz Zimmermann freiwillig zur Marine, im Juni 1944 kam die Einberufung. Er wurde Offiziersanwärter und kam nach Stralsund. Dann kam der Tag, auf den er sehnlichst gewartet hatte – es ging an Bord des Hilfskreuzers „Hansa“. Von dort liefen sie im mer wieder zu Gefechtsübungen aus. Dann kam die Front immer näher und mit ihr die Flüchtlinge. Die zur Ausbildung an Bord befindlichen Offiziersanwärter wurden zum Bodenkampf eingeteilt. Zimmermann kam per Bahn von Flensburg nach Prag. Von hier ging es Richtung Eger. In einem kleinen Dorf wurden Panzersperren und Schützenlöcher errichtet. Das Dorf lag unter Artilleriebeschuss, die Stellungen wurden mit Granatwerfern beschossen.

Schlafend in Gefangenschaft

Mit Waffengewalt wurden die jungen Soldaten gezwungen, weiter zu kämpfen So hielten sie dort aus. Die meisten Kameraden schliefen in einer Scheune, Zimmermann richtete sich nachts im Kuhstall ein. So war es auch am Abend des 5. Mai 1945. Als Zimmermann am nächsten Morgen erwachte, war er alleine im Stall, seine Kameraden waren weg. Auf dem Hof standen amerikanische Soldaten und Panzer sowie deutsche Gefangene. Zu diesen gehörte nun auch Karl-Heinz Zimmermann.

Zimmermann und seine Kameraden kamen nach Weiden in der Oberpfalz, wo sich ein großes Kriegsgefangenenlager befand. Eines Morgens wurden sie auf einen Lkw verladen und erwarteten, dass sie in ein anderes Lager gebracht würden. Doch vor der Stadt wurden sie abgeladen und es hieß: „Macht, dass ihr heim kommt!“ So führte der Weg zuerst nach Bamberg, danach nach Frankfurt und Richtung Limburg. Bis Bad Camberg ging es mit dem Zug, ab dort mit dem Pferdewagen Richtung Oberbrechen. Am 30. Mai 1945 erreichte Karl-Heinz Zimmermann wieder seine Heimat. Nach dem Krieg konnte er endlich seinen Berufswunsch verwirklichen und wurde Förster.

Der nächste Zeitzeugenabend findet am 23. Mai um 19.30 Uhr in der „Ziegelhütte“ statt. Gast wird Edmund Lubzcyk – Jahrgang 1924 – sein, der von seinen Erlebnissen bei der 1. Panzerdivision berichtet.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 11. Juni 2013

 

Aus einem geheimen Tagebuch

 

ZEITZEUGEN Edmund Lubczyk erzählt von seinem Schicksal als Wehrmachtssoldat

Fast 70 Jahre sind die Erlebnisse her, von denen Edmund Lubczyk im Rahmen des Zeitzeugenabends der Idsteiner Reservisten berichtete. Aber die Erinnerungen des 88-Jährigen waren so präsent, dass es schien, als habe er all das erst gestern erlebt.

Plötzlich alles auf Deutsch

Im Oktober 1924 wurde Edmund Lubczyk in Oberschlesien geboren. „Zu Hause sprachen wir alle polnisch – bis unter Hitler dann alles Polnische plötzlich schlecht war. Wir mussten Deutsch reden, alle Orte bekamen deutsche Namen.“ Bereits als 16-Jähriger musste er im Rahmen einer Dienstverpflichtung Zeitzünder für Flugabwehrgranaten montieren. Mit dann gerade einmal 17 Jahren wurde er 1942 zur Wehrmacht eingezogen. Zu einer Einheit der 1. Panzerdivision musste er sich melden, bei der er auch bis Kriegsende blieb.

In der Löberfeld-Kaserne in Erfurt begann sein Dienst. „Die erste Tätigkeit war, dass wir unsere Matratzen stopfen mussten. Mit einem Leinensack wurden wir zu einer Feldscheune gefahren und füllten unsere Matratzen mit Stroh.“ Lubczyk wurde zum UKW- und Mittelwellenfunker ausgebildet. Als es dann im November 1942 mit seinem Panzerbataillon an die Ostfront gehen sollte, erkrankte er schwer an Diphterie. „Das rettete mir vielleicht mein Leben. Ich blieb in Deutschland zur Genesung.“ Im Januar erfolgte die Verlegung nach Frankreich, bevor dann das Panzerregiment 1 im Mai 1943 per Bahn nach Skopje in Mazedonien verschoben wurde. Weiter ging es bis zum Peloponnes. „Dort bezogen wir eine leer stehende Kaserne. Alles war voll Wanzen. Mit einer Lötlampe vertrieben wir das Ungeziefer.“ Bislang war Lubczyk von Kämpfen verschont geblieben, doch im Oktober 1943 erfolgte der Marsch der Einheit nach Russland. Am 15. Novbember 1943 erreichten sie die Bereitstellungsräume bei Schytomyr, am 18. November 1943 um 18 Uhr kam der erste Kampfeinsatz für Edmund Lubczyk als Funker im Führungspanzer: der Angriff Studenica.

Minutiöse Schilderungen

Ganz genau und fast minutiös schilderte Lubczyk seine Kriegserlebnisse ab diesem Zeitpunkt bis Kriegsende. In einem verborgenen Tagebuch hatte er alles festgehalten – heute ein unbezahlbares geschichtliches Dokument. So hielt er auch fest, dass am Heiligen Abend 1943 um 18 Uhr die Trauerfeier für einen Kameraden stattgefunden hat – „armes Fest“ notierte er in seinem Tagebuch.

Im Januar gab es dann „Fronturlaub“ für Edmund Lubczyk. Über Lemberg ging es nach Hause. Am Bahnhof Lemberg erhielten alle ankommenden Frontsoldaten ein Geschenkpaket – das sogenannte „Führerpaket“ mit vielen köstlichen Dingen, die in den Geschäften kaum mehr zu kaufen waren. „Auch eine Flasche Sekt war dabei. Aber die hatte ich schnell getrunken: Vor dem Bahnhof rutschte ich aus und die Flasche ging zu Bruch.“

Anfang Februar 1943 ging es wieder zurück an die Front. Immer wieder kam es zu Kämpfen. Bis Juli 1944 war Lubczyk in verschiedenen Schlachten eingesetzt. Im Oktober 1944 wird die Einheit nach Ungarn verlegt. Etwa 50 Kilometer östlich von Graz ist dann am 8. Mai 1945 auch für Edmund Lubczyk der Krieg zu Ende. Er und seine Kameraden schlagen sich bis zu den Amerikanern bei Spital durch. Nach mehreren Lageraufenthalten gelangte er nach Hünfeld, wo ein Kamerad wohnte. In die Heimat Oberschlesien konnte Lubczyk nicht zurück. Über viele Wege führte ihn das Leben dann nach Frankfurt, wo er heute seinen Lebensabend verbringt.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 19. Juli 2013

 

„Die Verpflegung war katastrophal“

 

Günter Wagner spricht bei den Idsteiner Reservisten

„Direkt aus der Schule wurden wir abgeholt, um als Flakhelfer die Hoechst-AG zu schützen“, beginnt Günter Wagner seinen Bericht beim Zeitzeugen-Abend der Idsteiner Reservisten. 1927 wurde er in Hausen über Aar geboren. Als er Flakhelfer wurde, war er noch keine 16. „Wir besuchten in dieser Zeit ja keine richtige Schule. Trotzdem wurde uns die Mittlere Reife zuerkannt. Im Abschlusszeugnis fanden sich dann die Noten des Vorjahres.“

Nach dem Flakhelfer-Dienst ging es für Günter Wagner zum Reichsarbeitsdienst RAD nach Ruwer bei Trier. Anschließend kam Wagner im November 1944 zur Panzerjäger-Ersatzabteilung 33 nach Landau. Anfang 1945 wurde seine Einheit alarmiert und nach Bad Bergzabern in Marsch gesetzt. Mit zwei Kameraden ging es weiter nach Böblingen. Nachdem die dortige Kaserne kurz vor Ostern 1945 bombardiert wurde, ging der Marsch weiter zur Panzerschule Milowitz östlich von Prag. „Hier sollte ein Auffanglager für versprengte Truppenteile sein, aber als wir dort ankamen, strömte schon alles nach Westen.

Mit Fäusten bedroht

Als wir abzogen, drohten uns am Straßenrand schon die Tschechen mit den Fäusten, aber sie haben sich noch zurückgehalten“. In Schlaggenwald bei Marienbad wurde Günter Wagner dann von den Amerikanern gefangen genommen und in ein Lager gebracht. Nach vier Tagen kamen die Russen und umstellten das Lager, die Amerikaner übergaben das Lager und zogen sich zurück.

Von dort ging es für Wagner nach Dresden. Dort wurden die Kriegsgefangenen, rund 20 000 Männer, in ehemaligen Baracken für Hilfsarbeiter untergebracht. „Für uns alle gab es nur zwei Großlatrinen. Die Verpflegung war katastrophal.“

Immer wieder wurden die Kriegsgefangenen ärztlich untersucht. „Der erste Blick der Ärzte ging unter den Arm – dort hatten nämlich die Angehörigen der SS ihre Blutgruppe eintätowiert. So konnte man ganz schnell erkennen, wer zur SS gehörte.“ In dem Lager versuchte man dann, Kontakt zu anderen Soldaten aufzunehmen, die aus der gleichen Gegend stammten. „So hing zum Beispiel an einem Baum ein Schild auf dem stand‚ dass sich alle Soldaten aus der Nähe von Wiesbaden an dieser oder jener Stelle treffen. Und dann träumten wir gemeinsam von der Heimat.“

Nur noch 45 Kilo gewogen

Im August 1945 bekam er die Entlassungsbescheinigung von der deutschen Stadtkommandantur. Damit war er nun offiziell aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Von Dresden über Eisenach und Bebra gelangte Wagner bis nach Frankfurt. Bei seiner Ankunft in Hausen wog er nur noch 45 Kilo. Doch in sein Elternhaus konnte er nicht zurück, das hatten die Amerikaner in Beschlag genommen. Seine Eltern wohnten im Hinterhof und durften lediglich die Küche benutzen. Irgendwann zogen aber auch die Amerikaner ab. Im Juli 1946 begann Günter Wagner seine Ausbildung bei der Firma Passavant.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 22. November 2013

 

Reservisten pflegen deutschen Soldatenfriedhof in den Ardennen

„Diesmal hatten wir wirklich alles: Sonne, Regen und Schnee“, erzählt Jörg Fried nach der Rückkehr der Idsteiner Reservisten von ihrem Arbeitseinsatz auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Recogne in den belgischen Ardennen. Es war bereits der siebte Pflegeeinsatz der Idsteiner seit 1998 – davon führten drei Einsätze nach Recogne.

„Urlaub ist das nicht – auch, wenn jeder von uns dafür fünf Tage seines Jahresurlaubs spendet. Denn die Arbeit ist freiwillig und unentgeltlich.“ Allerdings finanziert der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge Unterkunft, Verpflegung und Fahrtkosten. Wobei bei den Fahrtkosten auch immer die Bundeswehr unterstützt.

Zwei Bundeswehrfahrzeuge mit Fahrern – aktive Soldaten aus Diez, die sich für den Einsatz freiwillig gemeldet hatten – standen den Idsteinern zur Verfügung. So arbeitete man zu neunt eine Woche daran, den Friedhof „winterfest“ zu machen. Unmengen von Laub waren zusammenzukehren und abzutransportieren. „Im Gegensatz zu unserem Einsatz vor zwei Jahren war das Laub nass und schwer – das geht ganz schön in die Knochen.“

Und die waren nicht immer die Jüngsten. Die beiden ältesten Teilnehmer des Einsatzes waren 74 und 76 Jahre alt. „Die brauchten natürlich keinen Urlaub zu nehmen“, so Fried. Untergebracht waren die Idsteiner in einer Kaserne im nahe gelegenen Bastogne. Bastogne selbst war während der sogenannten „Ardennenoffensive“ im Dezember 1944 ein wichtiger Kriegsschauplatz.

Diese Offensive war eine der letzten großen Schlachten des Zweiten Weltkrieges. Über 200 000 deutsche Soldaten standen rund 83 000 amerikanischen Soldaten gegenüber. In Bastogne leisteten die Amerikaner starken Widerstand und wurden eingekesselt. Sie lehnten nämlich die deutsche Aufforderung zur Kapitulation mit der knappen Antwort „Nuts“ – „Quatsch“ – ab. Mehr als 17 200 Gefallene gab es auf deutscher Seite, bei den Amerikanern waren es fast 19 300. Die deutsche Offensive scheiterte letztlich.

Auf dem Friedhof in Recogne sind 6807 gefallene deutsche Soldaten bestattet. „Rund die Hälfte der Toten war unter 25 Jahren, viele sogar unter 20. Das macht einen schon betroffen. Wenn man da den ganzen Tag mit dem Laubbesen um die Kreuze läuft, hat man genug Zeit, über dieses sinnlose Sterben nachzudenken.“

Mit all diesen Eindrücken kehrte die Mannschaft am Volkstrauertag nach Idstein zurück – nicht, ohne vorher in der Friedhofskapelle in Recogne eine kurze Gedenkveranstaltung abzuhalten. Zufrieden waren alle nach dieser Woche – und froh, einen Beitrag gegen das Vergessen und zur Mahnung für Frieden geleistet zu haben.

 

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werbul1d Idsteiner Zeitung, 7. Dezember 2013

 

Als Funker in den Kriegswirren

 

ZEITZEUGEN Kurt Zimmer berichtet bei den Idsteiner Reservisten über seine Erlebnisse in seiner Jugend

„So hat es einst begonnen“, damit schloss Kurt Zimmer seinen bildhaften Bericht über sein Leben bis zum Einsatz im Zweiten Weltkrieg. Der 87-Jährige war Gast beim Zeitzeugenabend der Idsteiner Reservisten.

Am 3. Oktober 1926 wurde Zimmer in Wiesbaden geboren. Er hatte eine harte Kindheit. Vom Anfang seiner Schulzeit stammen seine frühesten Erinnerungen an die Nationalsozialisten. „1932, als ich gerade sechs Jahre alt war, sah ich den ersten Fackelzug mit uniformierten SA-Männern durch Wiesbaden ziehen. Diesen Anblick vergesse ich nicht.“

Mit Germania-Bier

In der NS-Zeit wurde sein Vater nach 18 Jahren Arbeitslosigkeit dienstverpflichtet. Nun gab es statt 17 Mark Stütze ein wöchentliches Einkommen von 35 Mark. „Er musste im Wiesbadener Kurpark Drainagen verlegen. Und freitags habe ich dann immer eine Flasche Germania-Bier geholt. Als ich älter war, gab es auch für mich ein kleines Glas.“ Als der Vater dann nach Altenbauna zu den Henschel-Werken dienstverpflichtet wurde, begann ein neues Leben. „Wir bekamen eine Zwei-Zimmer-Wohnung zugewiesen – zum ersten Mal im Leben hatten wir eine Dusche.“

Mit zwölf Jahren kam Kurt Zimmer zur Hitlerjugend. Zimmer stieg auf bis zum Hauptscharführer. Mit 14 Jahren ging er zum Konfirmandenunterricht. „Das war gar kein Problem. Keiner in der Hitlerjugend sagte etwas dagegen.“ 1939 begann er eine kaufmännische Ausbildung bei den Fieseler-Flugzeugwerken in Kassel.

Doch dann musste Kurt Zimmer 1942 zu Wehrmacht einrücken – 17 Tage nach seinem 18. Geburtstag. Er wurde nach seinen Vorlieben gefragt. Als er sich als Musikliebhaber zeigte, sagte man zu ihm: „Dann haben sie ja ein gutes Gehör, sie kommen zu den Funkern.“ Sein Weg führte also an die Luftnachrichtenschule nach Erfurt-Bindersleben. Er wurde als Morse-Funker ausgebildet. Ende Februar 1943 war die Ausbildung abgeschlossen und er wurde zur „Division Hermann Göring“ nach Berlin-Reinickendorf versetzt.

„Dort erhielt ich auch meinen ersten Urlaub, den meine Freundin und ich überraschend für alle Verwandten zur Verlobung nutzen.“ Bevor es dann von Berlin mit der Einheit nach Frankreich ging, erlebte Kurt Zimmer hier noch seine ersten Bombenangriffe. Wie es weiterging, will Zimmer an einem nächsten Zeitzeugenabend im kommenden Jahr berichten.

 

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